Konstruktionsprinzipien linearer Piezoaktuatoren

Übersicht

 

Es gibt zwei grundsätzliche Bauformen piezoelektrischer Aktuatoren:

I) Die Direktbetätigung mit Stacks. Die modernste Bauart von Piezostacks (Piezostapelaktuatoren) sind CMA (Ceramics Multilayer Actuator) Piezos. Diese bestehen aus einer Vielzahl gestapelter dünner Schichten, welche weniger als 100 um dick sind. Die maximale Betriebsspannung beträgt 200V oder weniger. Deshalb wird diese Bauart Nidervoltaktuatorik genannt. 

Eine zweite, ältere Bauart besteht aus verlebten Plättchen mit einer Stärke von typisch 0,5 mm. Die Betriebsspannung dieser Hochvoltaktuatoren beträgt typischerweise 1000 V und diese Bauart wird deshalb Hochvoltaktuatoren genannt. 

II) Hubübersetzte Piezoaktuatoren, die als wesentliches Element ein spezielles Getriebe haben oder strukturelle Effekte zur Verstärkung des Hubes nutzen. Der Biegewandler (Smart-Structures) ist ein Beispiel für einen Aktuator, der einen strukturellen Verformungseffekt nutzt.

 

 

Biegewandler

Der Hub von Biegeaktuatoren ist relativ hoch und kann leicht 1 mm und mehr erreichen. Akustische Anwendungen von Biegewandler sind weit verbreitet. Telefonkapseln für Lautsprecher, Ultraschallreiniger, Ventilantriebe und Pumpenantriebe werden weithin eingesetzt.

Biegewandler nutzen die stressinduzierte Verformung und erzeugen einen Nutzhub in Analogie zu Bimetallstreifen. Solche Biegewandler besteht aus mehreren Schichten z.B. einer Piezoschicht (P) und einem passiven Träger wie zum Beispiel ein Metallblech (M). Die aktiven und passiven Schichten sind schubsteif miteinander verklebt. Bekannte Varianten sind P-M, P-P und P + -M-P. Das +/- gibt die entgegengesetzten Phasen der Verschiebung (Expansion, Kontraktion) an. Als aktive Piezoschicht kann auch ein dünner Vielschichtaktuator (Low-Profile-Mehrschichtstapel Aktuator) genutzt werden.  

  

Intelligente Materialien und Multifunktionale Strukturen.

Seit den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts hat sich eine internationale Szene etabliert, welche intelligenten Strukturen erforscht. Die Forschung fokussiert sich auf die Entwicklung von Smarten oder Multifunktionalen Strukturen. Diese Strukturen zeichnen sich dadurch aus, dass zusätzlich zur lasttragenden Funktion weitere funktionale Merkmale wie Aktuation, Sensierung oder Energy Harvesting integriert sind. Beispiele für mechanisch aktive Materialien sind Piezoelektrika und Formgedächtnislegierungen, die in faserverstärkte Kunststoffe integriert werden können. Bei Aktivierung dieser Materialkomponenten können gezielt spannungsinduzierte strukturelle Verformungen ausgelöst werden. Smarte Strukturen wurden bereits erfolgreich für die  aktive Schwingungsdämpfung und aerodynamischer Steuerung demonstriert. Letztere Anwendung ist wegen der spaltfreien, glatten Form als aerodynamisches Steuerungselement höchst attraktiv. 

 

Ausdehnung von Stapelaktuatoren, Piezostacks

Stapelaktuatoren haben typischerweise eine maximale Dehnung von 0,1% = 1000 Microstrain. Standardaktuatoren sind verfügbar, die einen Hub von 10 bis 100 Mikrometer haben. Dies ist ideal für die Präzisionspositionierung und andere Anwendungen wie Ventilsteuerung und Schall- und Vibrationsmanagement. Sind größere Hübe erforderlich, kann ein Übersetzungsmechanismus verwendet werden.

Prinzipbild der Hubübersetzung eines Piezoaktuators mit einem Hebelgetriebe
Prinzipbild der Hubübersetzung eines Piezoaktuators mit einem Hebelgetriebe

Die Qualität und Effektivität eines Übersetzungsgetriebes für Piezo wird durch die Erhaltung des Arbeitsvermögens des Piezostacks, der als Antrieb dient, charakterisiert. Das Arbeitsvermögen ist die elastische Energie gleich des Produktes aus ½ freien Hub und der Blockierkraft. Verformungen der Lastübertragungselemente bedingen eine Minderung des Arbeitsvermögens. Solche Getriebe sind Sonderanfertigungen und typischerweise kommen Biegegelenke zum Einsatz, um Spiel und Verschleiß auszuschließen.

Die nächste Abbildung zeigt das Prinzip anhand eines optimierten Piezoantriebes für die Luftfahrt. Der Übersetzungsmechanismus transformiert die Ausdehnung des Piezostacks in eine Zugbewegung. Der Aktuator wurde für die schnelle Steuerung einer aerodynamischen Klappe in einem Hubschrauberrotorblatt entwickelt und erprobt.

Hochleistungsantrieb in einem Hubschrauberrotorblatt. Quelle: ICAS 2008, PIEZO ACTIVE VIBRATION AND NOISE CONTROL IN HELICOPTERS
Hochleistungsantrieb in einem Hubschrauberrotorblatt. Quelle: ICAS 2008, PIEZO ACTIVE VIBRATION AND NOISE CONTROL IN HELICOPTERS