Grundlagen der Piezoaktuatorik

Piezoaktoren sind Linearmotoren auf Basis der elektrisch steuerbaren Verformung eines Festkörpers. Der piezoelektrische Effekt wird als die lineare elektromechanische Wechselwirkung zwischen dem mechanischen und dem elektrischen Zustand in bestimmte Kristallen verstanden. Der piezoelektrische Effekt ist ein reversibler elektromechanischer Mechanismus: der direkte piezoelektrische Effekt beschreibt die Erzeugung von elektrischer Ladung aufgrund einer aufgebrachten mechanischen Kraft. Der umgekehrte piezoelektrische Effekt beschreibt die Erzeugung einer inneren mechanischen Spannung aufgrund der Einwirkung eines elektrischen Feldes, das dem Piezomaterial eingeprägt wird. Ein Piezowerkstoff ist immer ein elektrischer Isolator.

Der inverse Effekt wird für piezoelektrische Aktuatoren genutzt. Diese können sowohl für die statische Positionierung als auch für die dynamische Betätigung bis hin zur Erzeugung von Ultraschallwellen verwendet werden.

Die wichtigsten Vorteile eines Piezoaktuators sind die Fähigkeit zur Erzeugung von

  • außergewöhnlich hohen Kräften,
  • der sofortige Reaktion, und
  • präzisen, hochaufgelösten Stellbewegungen.

Die Verschiebung eines Piezoaktuators ist in erster Linie proportional zu der angelegten elektrischen Spannung. Die nutzbaren Stellkräfte sind viel größer als die jedes anderen elektrischen Stellers von vergleichbarer Größe. Ein wichtiges Merkmal ist ein relativ kleine Hub, der mit einem enorm hohen Kraftvermögen einhergeht.

 

Piezoelektrische Werkstoffe


Materialien wie Quarz erzeugen eine elektrische Spannung, wenn sie verformt werden. Dieser Sensoreffekt wurde durch Pierre und Jacques Curie im Jahre 1880 entdeckt und wird Piezoeffekt genannt. Der mechano-elektrische Kopplungsmechanismus ist wie oben beschrieben, reversibel: Wenn eine äußere Kraft den piezoelektrischen Körper verformt, werden die internen Ladungen der Kristalle verschoben und eine elektrische Spannung an den Elektroden erzeugt und umgekehrt. 

Das Elektrodenpaar auf den den Platten erzeugt ein elektrisches Feld, das elektrostriktive Kräfte auf die Kristallstruktur im Inneren des Piezomaterials ausübt. Der Körper verformt sich und erzeugt eine Verschiebung, die als Hubbewegung für technische Anwendungen nutzbar ist. Für die praktische Anwendung wurden Materialien mit besonders starkem Effekt entwickelt und selektiert. Die bevorzugte Materialklasse für piezoelektrische Aktuatorwerkstoffe ist PZT-(Bleizirkonattitanat)-Keramik. Im Mittelpunkt der Entwicklung stehen hohe Verschiebung, Krafterzeugung, geringe Verluste, Stabilität und Lebensdauer. 

 

Piezo-Aktuatoren sind elektrisch polarisierte Komponenten. Die Analogie zu einem Piezo stellt der bekannte Permanentmagnet dar. Beide haben die Eigenschaft der Polarisierbarkeit des Materials in einem Feld. Während des Polarisationsvorganges wird im Magnet die innere magnetische und analog im Piezo die elektrische Mikrostruktur (die Domänen)ausgerichtet und die Materialien erhalten eine Vorzugsrichtung. Der Polarisationsprozess stellt die piezoelektrische Funktion des Bauteils her. Die den Piezomaterialien innewohnenden physikalischen Kopplungseffekte (Elektrostriktion, Verformung im elektrischen Feld) ist analog zu der in den magnetischen Materialien vorhandenen Magnetostriktion. Wie bei Magneten bekannt, verschwindet die piezoelektrische Eigenschaft bei Erwärmung über die Curietemperatur, einer Kenngröße des jeweiligen Materials.

Piezoaktuator - Stapelkonstruktion

 

Piezostackaktuatoren werden durch das Stapeln von Piezokeramikplatten mit zwischenliegenden Elektroden hergestellt. Das Fügen des Plattenstapels geschieht durch Kleben oder bei modernen Stacks durch Sintern der Platten im Grünzustand. Bei Anlegen einer elektrischen Spannung wird in allen Platten ein elektrisches Feld erzeugt und der Hub des Aktuars bildet sich aus der Summe der Verformungen aller einzelner Platten. Zur Erzeugung der vollen Ausdehnung des Materials ist ein Feldstärke in einem Bereich von 1000 bis 2000 Volt pro mm Schichtdicke erforderlich. Da allgemein eine niedrige Spannung im Bereich von 100 Volt bevorzugt wird, werden Platten verwendet, die dünner als 100 Mikrometer dick sind. Ein übliches Konzept für die Elektrodenstruktur ist das des Vielschichtkeramikkondensator (MLCC, Multi-Layer Ceramics Capacitor). Die einzelnen Elektroden werden gegenüber den gegenpoligen Elektroden innerhalb des Stapels elektrisch isoliert. Die nächste Abbildung zeigt, dass diese Isolationsstruktur unvermeidlich zu einer inhomogenen Feldverteilung führt. Aufgrund des Piezoeffektes resultieren aus dem inhomogenen Feld mechanische Spannungskonzentrationen (siehe Kreis).

Optimierte Elektrodenstruktur

Der wichtigste Designaspekt von Piezoaktuatoren ist die Homogenität des inneren elektrischen Feldes und der daraus folgenden mechanischen Spannungen. Damit kommt  der Gestaltung der Elektrodenstruktur eine besondere Rolle zu. Als ideal ist eine Elektrode zu betrachten, die vollflächig die aktiven Schichten bedeckt. Die Isolation gegenpoliger Elektrodenflächen gegenüber den Sammelelektroden erfolgt bei diesem Konzept an den Außenflächen des Stapels. Die idealtypische Elektronengeometrie erzeugt innerhalb der piezoelektrischen Schichten einer ideal homogenen Feldverteilung und ist damit eine perfekte Lösung. In der nachfolgenden Abbildung wird dargestellt, wie die Elektroden gemeinsamer Polarität (rot, schwarz) durch einen Metallstreifen an den Außenflächen des Aktuators verbunden ist und gegenüber der gegenpoligen Elektroden elektrisch isoliert (orange)  sind.

Co-Fired Multilayer Aktuator (CMA) mit externer Isolation

Die Benchmark-Lösung für Piezoaktuatoren ist die Technologie des in einem "Co-firing" Prozess hergestellten Vielschichtaktuators (CMA). In dem CMA Produktionsprozess wird ein Stapel aus "grünen" Keramikfolien und dünnen Lagen aus Elektronenmaterial in einem Ofen bei hohen Temperaturen zu einem monolithischen Block gesintert (co-firing). Die äußerst hohe Langlebigkeit und Zuverlässigkeit der Aktuatoren wurden intensiv erprobt und es wurden mehr als 1010 Zyklen bei voller Spannungsamplitude nachgewiesen.